12 | 2018 Fokus

Es bleibt spannend …

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Das Jahr 2018 war von etlichen Herausforderungen auf diversen Schauplätzen geprägt, welche die Märkte und uns alle auch 2019 noch beschäftigen werden. Die wichtigsten Baustellen haben wir für Sie identifiziert und zusammengetragen:

Handelsstreitigkeiten

Gleich zu Beginn des Jahres 2018 mussten wir uns an den recht ungewohnten Terminus „Handelskrieg“ gewöhnen. Sein Verfechter, der US-Präsident Donald Trump, befeuerte damit im Sommer die Türkei-Krise. Zuletzt kochte das Thema Strafzölle im Herbst erneut hoch. Die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und Europa respektive Deutschland sowie zwischen den USA und China werden auch das kommende Jahr belasten. Zwar waren die Signale nach dem G20-Gipfel positiv: Die USA und China gaben sich versöhnlich und versprachen, vorerst auf neue Strafzölle zu verzichten.

Doch allzu unmissverständlich hat sich Trump auf China als Staatsfeind No 1 eingeschossen. Sein Problem: Der nächste Präsidentschaftswahlkampf wirft bereits seine Schatten voraus. Von Konjunktur und Fed wird er für seine Versprechen, neue Jobs zu schaffen, wenig Unterstützung erwarten können. China indessen hat das klare Ziel, weiter an wirtschaftlicher und politischer Macht zu gewinnen.

Handelshemmnisse in Form von Zöllen müssen 2019 deshalb als Risiko eines potenziell deutlichen Dämpfers für Export und wirtschaftliches Wachstum im Hinterkopf behalten werden. Sollte der Waffenstillstand zwischen den USA und China halten, kann sich das chinesische Wirtschaftswachstum positiv auf den Welthandel auswirken.

Zinsen und Schulden

Die US-Konjunktur wird sich hingegen 2019 abschwächen, da sind sich die Analysten einig. Die Effekte der „Trumponomics“ sind aufgezehrt und die Sorge vor den Auswirkungen der Handelsauseinandersetzungen bremsen die Investitionsfreude auch in den USA. Die Prognosen betonen für das kommende Jahr außerdem durchgehend die Risiken durch die US-Zinspolitik. Die US-Wirtschaft hat sehr gute Jahre hinter sich, so dass die Fed bereits acht Zinsschritte vollzogen hat. Die rasch gestiegene Inflation stellt Analysten nun vor die Frage, wie schnell und wie stark weitere Zinsanhebungen folgen. Angesichts des hohen Schuldenstandes von Staat, Unternehmen und Konsumenten könnten sich die Auswirkungen hoher Zinsen potenzieren. Schlimmstenfalls könnten die USA in eine Rezession rutschen.

Während die USA bereits mehrere Zinsschritte umgesetzt haben, sieht es in Europa auch 2019 nicht danach aus, als sei die EZB für eine Anhebung der Zinsen bereit. Auch wenn das Anleihekaufprogramm enden soll, werden Erträge weiterhin investiert – somit ist das Ende der expansiven Zinspolitik in der Eurozone noch nicht erreicht. Mit einem Verzicht auf einen ersten Zinsschritt 2019 kommt es vermutlich anders, als bislang von den meisten Marktbeobachtern erwartet. Und das sich abschwächende konjunkturelle Umfeld und die politische Situation in Europa scheinen EZB-Chef Draghi recht zu geben.

Von wegen Dolce Vita

Im Frühsommer formierte sich in Italien endlich eine Regierung – zur Überraschung der meisten Beobachter eine bis dato undenkbare Koalition aus Lega und 5-Sterne-Bewegung. Was folgte, war sogleich ein Streit mit der EU-Kommission über den nicht-EU-konformen Haushalt. Hintergrund ist das exorbitante Haushaltsdefizit Italiens, das mit dem neuen Haushalt deutlich ausgeweitet werden sollte, ohne dass ein nennenswertes Wirtschaftswachstum dagegenstehen würde. Erst die Drohung der Kommission, gegen Italien ein Defizitverfahren einzuleiten, brachte die neue Regierung zur Raison. Doch der Crash-Kurs schürt die Sorge vor einer neuen Schuldenkrise. Die Botschaft war klar: Eure Regeln interessieren uns (erst einmal) nicht. Ähnliches, jedoch mit anderen Vorzeichen, klingt von Frankreich herüber. Dort geben die Gelbwesten zu verstehen, dass sie die notwenigen Reformen nicht wollen. Mit massiven Protesten stören sie Produktion und Weihnachtsgeschäft und dämpfen die wirtschaftliche Entwicklung.

Die deutsche Autobranche als Lokomotive?

In Deutschland hat die Wirtschaft an Fahrt verloren. Die Ursache liegt vor allem in den Einbrüchen bei der Automobilindustrie. Seine Rolle als Konjunkturlokomotive kann Deutschland für die Eurozone derzeit nicht ausfüllen, die wegen der Unsicherheiten in ihren größten Volkwirtschaften insgesamt schwächelt und unter den Brexit-Unsicherheiten leidet.

2019 findet die Wahl zum Europaparlament statt. Damit geht die Frage um, mit welchen Gewinnen die Eu(ro)-skeptischen Parteien rechnen können und welche Folgen deren Politik für die dringend notwendige Modernisierung der EU haben wird, beispielsweise zur Kapitalmarktunion, einer gemeinschaftlichen Einlagensicherung und einer gemeinsamen Fiskalpolitik. Diese politische Unsicherheit ist durchaus geeignet, Anlegervertrauen zu erschüttern und die europäischen Finanzmärkte in Unruhe zu versetzen.

Mehrere Silberstreifen könnten 2019 positiv beeinflussen. Dafür müsste jedoch unter anderem die deutsche Automobilbranche weiter an Fahrt gewinnen (wie es sich bereits im vierten Quartal 2018 andeutet). Wichtige Impulse hierzu wären die Klärung der offenen Fragen rund um den Dieselskandal, wie Fahrverbote, Nachrüstung alter Diesel-PKW etc. sowie ein geordneter Brexit. Dieser könnte den Export-Stau nach Großbritannien auflösen. Entspannung an diesen Fronten und positive Signale von den Handelsstreitigkeiten könnten auch den Konsum der Deutschen wieder ankurbeln, der derzeit trotz niedrigster Zinsen von einer ungewöhnlich hohen Sparquote ausgebremst wird.

Which way, Britannia?

Eigentlich war klar, dass Großbritannien Ende März 2019 die Europäische Union verlässt. Doch Mitte Dezember 2018 ist auf einmal wieder offen, wie es mit dem Brexit weitergeht. Die Verschiebung der Abstimmung über Theresa May’s Brexit-Papier im Unterhaus und das EuGH-Urteil, demzufolge Großbritannien den Ausstiegsprozess einseitig beenden und in der EU verbleiben könne, schaffen eine neue Situation. Das Misstrauensvotum hat May überstanden – wirklich gewonnen hat sie es nicht. Kommt es nun unter Umständen zu einem zweiten Brexit-Referendum, einer Verschiebung des Austritts oder wegen Polit-Chaos doch noch zu einem „No-Deal“-Brexit? Wie hart bleibt Brüssel, wenn es die Briten darauf ankommen lassen?

Mit diesem oder einem für Großbritannien verbesserten Papier würden die Briten bis zum Ende einer Übergangsfrist im Binnenmarkt und der Zollunion der EU bleiben. Good news für alle Unternehmen, die dann bis Ende 2020 eine Galgenfrist hätten. Und für das britische Pfund, das angesichts der aktuellen Unsicherheit an Wert verlor und damit Fiberthermometer für die grassierende Unsicherheit der Anleger war.

Die letzten Tage des Jahres 2018 haben es also noch in sich. Und sicher ist nur eines: Es bleibt spannend!

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